Wie Narzissten auf unsere Grenzen reagieren - vier Varianten

Lenora Thompson

~ 4 min Lesezeit 

 

 

 


Du setzt eine Grenze. Und jetzt?


Dein Magen verknotet sich, solange Du auf die Reaktion des Narzissten wartest.

 

Du weißt, dass es nicht schön werden wird...

Der wütende Flunsch

Ja...Du weißt vermutlich schon, wovon ich spreche! Es ist eher eine Kunstform, als Wissenschaft. Sogar der Große Svengali kann es nicht besser machen.
Der wütende Flunsch besteht aus einer großzügigen Portion guten alten Schmollens, einer leichten Glasur aus strafendem Schweigen und wird von einer leuchtend roten Kirsche siedender Wut garniert.


So werden wir vom Narzissten behandelt, wenn wir es wagen sollten, Grenzen zu setzen. Sie gehen schmal-lippig umher, Augenkontakt vermeidend, als gäbe es uns nicht. Das Schweigen ist lauter als jede Basstrommel. Sehr stilvoll. Sehr ‚Dramatische Kunsthochschule’. Sie mögen zwar nicht strampelnd auf dem Boden liegen und Haare raufend herumschreien, aber viel mehr als eine erwachsene Version dieses wütenden Kleinkinder-Wutausbruches ist es nicht.


Die Macht dieses Verhaltens liegt in unserer Abhängigkeit von der ersten Zeit der Beziehung, dem ‚love bombing’. Sie wissen genau, dass wir ohne ihre Bestätigung kaum überleben können. Weil sie vor langer Zeit schon unser Selbstwertgefühl unter Kontrolle gebracht haben. Wie im Belagerungszustand setzen sie auf unseren Hunger und die einkalkulierte Kapitulation. Sie müssen unsere Grenzen nicht einreißen, solange sie uns nur lange genug dem wütenden Flunsch aussetzen. Sie wissen, dass wir auf Dauer dann unsere eigene Grenze Stein für Stein abbauen, um wieder in den Genuss ihrer „Liebe“ zu kommen.

Die Anklage

Wenn der schmollende Flunsch nicht funktioniert, haben Narzissten immer noch die Möglichkeit, auf Altbewährtes zurückzugreifen: die Anklage.

 

Genaugenommen ist es doch so, dass wir keine Grenzen bräuchten, wenn wir nichts zu verbergen hätten, oder?
Ah...eine Projektion! Die Idee, man könne Grenzen aus Prinzip setzen wollen, einfach weil man volljährig ist und es normal wäre, kommt ihnen nicht einmal in den Sinn. Natürlich haben sie selbst meterhohe Zäune um sich herum, inklusive Glassplittern und Stacheldraht, aber uns ist es nicht einmal erlaubt, die Badetür zu schließen.

 

Ich erinnere mich an folgendes Beispiel, als ich – schon als Erwachsene (ja, ich weiß, ich weiß) - meine Mutter einmal bat, nicht jedes verdammte Mal „was isst Du da?“ zu fragen, wenn sie mich mit einem Teller und einer Gabel sieht. „Warum?“ fragte sie, „was gibt’s denn zu verstecken?“. Um Himmels Willen, lieber Gott wirf Geduld vom Himmel....“Nichts!“ habe ich dummerweise sogar geantwortet, „ich würde nur gern in Ruhe essen ohne dabei ausgefragt zu werden!“.
„Oh, alles klar.“ Gab sie leicht angesäuert zur Antwort. Und von da an hat sie es erstaunlicherweise respektiert. Sie hat sich sogar ein paar Mal selbst dabei erwischt und es nicht getan.


Eine ganz andere Geschichte war es jedoch, als ich einmal – ein bisschen pathetisch - äußerte, ich hätte so gern wenigstens irgendetwas, das als sexy Lingerie durchginge und nicht immer nur die stink-normalen hautfarbenen BH’s, die ich immer trug. „Wozu?“ fragte sie bissig, „wem planst Du denn, sie zu zeigen?“ Wobei wir beim sehr vertrauten slut-shaming angekommen sind.

 

Dass ihre über 20-jährige Tochter, die bisher nicht einmal einen festen Freund gehabt hatte, auf den Gedanken käme, sich vielleicht einfach für sich selbst ein bisschen sexy oder verführerisch fühlen zu wollen, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern, war für sie gänzlich unvorstellbar.

Der Hack

Wenn alles andere misslingt, sind sich Narzissten auch für einen klassischen Hack-Versuch nicht zu schade.
Faszinierend war für mich, dass innerhalb von zwei Wochen - nachdem meine Familie im weitesten Sinne von meinem Blog erfahren hatte - plötzlich und auf mysteriöse Weise mein Passwort beeinträchtigt wurde.

Drei Wochen später fiel diesem Mysterium auch mein Facebook-Passwort zum Opfer. Das ist niemals vorher passiert...und ist es auch nicht mehr seitdem! (18 U.S. Code § 1030)


Lange bevor ich diesen Blog startete, war es in meiner Familie üblich, dass ich alle Codes, Pins, Bankdaten usw. meinen Eltern gegenüber zu offenbaren hatte, mit der Begründung: „falls es zu einem Unglück käme“. Ich habe dem tatsächlich nie misstraut oder ihre Motive diesbezüglich in Frage gestellt. Zum Glück haben sie mein Vertrauen in diesem Fall wirklich nicht missbraucht. Aber im Rückblick bin ich trotzdem verblüfft. Sie hatten sogar eine Art Generalvollmacht von mir. (Was aber auch andersherum der Fall war!)


Nachdem ich mich mit Narzissmus auseinandergesetzt habe, war meine erste Handlung tatsächlich, alle Daten und Passwörter zu ändern, noch bevor ich den Kontakt komplett abgebrochen habe.
Natürlich haben sie die ehemalige Generalvollmacht inzwischen annulliert, nachdem sie meine Website entdeckt haben. Was aber klar war: sobald du ihnen die Wahrheit über sie selbst ins Gesicht sagst, bist Du draußen!

 

Der Ausschluss

Kennt ihr das Bild von der nicht zu stoppenden Kraft, die auf einen unbeweglichen Gegenstand trifft?
Der Narzisst ist im Grunde diese nicht zu stoppende Kraft, während ich das unbewegliche Objekt war. Zumindest immer in den Fällen, in denen ich auch entgegen aller bisherigen Taktiken nicht von meinen Grenzen gewichen bin.
Wenn weder das Weh, das der schmollende Flunsch verursacht, noch die Anklagen und auch die Hacks nicht gelingen, um die Kontrolle über Dich zu bewahren, ist nur noch ein Schuss im Magazin: der Ausschluss. 

 

Sie sind so fertig mit Dir!

Eine Beziehung mit einer Person mit Geheimnissen? Die sie nicht kontrollieren können? Das kann nur das Aus bedeuten!


Genau das ist mir letztes Jahr passiert. Ich habe für einen langjährigen Freund etwas berufliches erledigt, um dann zu erfahren, dass er – plötzlich und nicht rational nachvollziehbar - mich schlicht nicht adäquat bezahlen wollte.
Ich war so schockiert, dass ich komplett vergessen habe, das altbekannte schweigende, co-abhängige, liebe Mädchen zu sein und mir –nachdem mir ein ungläubiges „Was?“ entfahren war- der Mund offen stand, mit deutlich hochgezogenen Augenbrauen.

Bis dahin war dieser Freund die charmanteste Person der Welt gewesen, nicht vergleichbar mit anderen. Plötzlich wurde aus meinem „charmanten Freund“ ein im Stillen rasend Wütender, der einfach aus dem Raum stürmte. Letztendlich konnten wir uns zwar einigen (uh-uh) und ich wurde gerecht bezahlt (definitiv nicht großzügig!), aber das nächste Mal, als ich ihn besuchte, verließ mein Freund abrupt mitten im Gespräch den Raum und rannte buchstäblich in Socken in den nächstbesten Wald. Auch beim nächsten Besuch war es nicht anders.

Was zum Teufel...? Tja, irgendwann habe auch ich verstanden, worum es ging: Ich hatte es gewagt, eine Grenze zu setzen und schon war die Freundschaft trotz all der Langjährigkeit (!) vorbei. Ich wurde ausgeschlossen.


Wir sind natürlich immer ganz besonders „nett“ zueinander, aber es ist nicht mehr vergleichbar mit dem, wie es vorher war. Ich gehöre nicht mehr dazu und das hat er vollkommen klar gemacht. Ich bin raus. Für immer.
Oder, na ja, so lange, bis der andere um-den-Finger-gewickelte-Freund-der-ihm-noch-was-schuldet (und wesentlich mehr für seine Dienste verlangt!) noch nützlich ist. Sollte er es nicht mehr sein, würde ich vermutlich generös wieder aufgenommen. (Was ich mir natürlich nicht gefallen lasse! Jetzt bin ich ja schlauer!)


Ganz ehrlich? Es fühlt sich irgendwie wirklich gut an, ausgeschlossen zu sein. Meinen Freund ganz klar zu sehen. Es fühlt sich... frei an.

 

Der Lackmus-Test

Grenzen zu setzen, ist so eine Art Lackmus-Test für Narzissmus. Wenn du dir unsicher bist, ob jemand eventuell ein Narzisst ist oder eben nicht, ist es das Beste, Grenzen zu setzen. Probiere das mal aus!


Es muss nicht einmal etwas Bedeutendes sein. Bitte zum Beispiel einfach nur darum, nicht immer in deinem Schrank herumzuwühlen oder nicht ins Bad zu kommen, während du badest; oder dir nicht beim ankleiden zuzusehen; oder dir keine Outfit-Vorschläge zu machen oder Dich ungefragt zu deiner Schmuckauswahl zu beraten. Erwähne vielleicht, dass du im Bad ein Schloss einbauen willst. (Ich musste meine Schulter benutzen, um die Badetür bei meinen Eltern richtig zu verschließen. Das Quietschen der Tür hat jedes Mal meine Mutter auf den Plan gerufen, die mich fragte, was ich dort tue oder ob es mir gut ginge. Jedes. Einzelne. Mal.)
Nimmt derjenige es normal auf...ist das ein gutes Zeichen.

Aber wenn die Reaktion ein Schmollen ist, Anklagen, dem das Hacken deiner Daten oder Ausschließen folgt...ding, ding, ding... dann hast du deine Antwort!
Es wird sich wohl im Zweifel um einen Narzissten handeln.

 

(aus dem Amerikanischen übersetzt von Jannicke Schwarzhoff)

 

Quelle: https://blogs.psychcentral.com/narcissism/2017/04/4-ways-narcissists-react-to-our-boundaries/